Grüne: Denkmalschutz darf nicht nur Lippenbekenntnis sein

Meister: "In der schwer kriegszerstörten Magdeburger Innenstadt bräuchte es schon sehr gute Gründe, um ein historisches Gebäude, das die Bombennächte überstanden hat, guten Gewissens abzureißen."

06.08.21 –

Das sogenannte „Haus 5“ ist fast 140 Jahre alt und das kleinste historische Gebäude auf dem Gelände der Polizeiinspektion Magdeburg. Zugleich war das Baudenkmal in der Vergangenheit aber auch, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, politisch ein heißes Eisen in der Kenia-Koalition. Zwischen Bündnisgrünen und CDU war und ist strittig, ob der denkmalgeschützte Bau wie ursprünglich geplant erhalten bleiben soll oder abgerissen wird. Zweimal stand der Abrissbagger schon bereit, zweimal rettete die Intervention des bündnisgrünen Koalitionspartners das Denkmal vor dem Abbruch. Zunächst ließen die Bündnisgrünen per eingeholter rechtlicher Stellungnahme feststellen, dass ein Abriss nicht ohne Zustimmung des Finanzausschusses erfolgen darf. Im Ausschuss legten sie sich beim Abriss quer. Das kleine Haus 5 war dann selbst Gegenstand im Koalitionsausschuss. Auch dort sprang das Kulturdenkmal dem Abrissbagger von der Schippe. Die Kenia-Koalitionspartner einigten sich darauf, eine andere Verwendungsmöglichkeit für das Haus zu suchen. Die durch das CDU geführte Finanzministerium veranlasste Suche verlief aber eher halbherzig.

Kommt die Abrissbirne für Haus 5?

Mit dem sich nach der Landtagswahl nun abzeichnenden Ausscheiden der Bündnisgrünen aus der Landesregierung, verliert Haus 5 und der Denkmalschutz seinen wichtigen Fürsprecher in der Regierung. Staatssekretär Rüdiger Malter (CDU) sprach anlässlich des Richtfestes für ein benachbartes Gebäude jetzt davon, dass es eine gute Nachricht sei, dass die Wahrscheinlichkeit des Abrisses von Haus 5 steige.

Meister: Sanieren und nutzen statt abreißen

Kritik kommt von bündnisgrüner Seite. Olaf Meister, finanzpolitischer Sprecher der bündnisgrünen Landtagsfraktion: „In der schwer kriegszerstörten Magdeburger Innenstadt bräuchte es schon sehr gute Gründe, um ein historisches Gebäude, das die Bombennächte überstanden hat, guten Gewissens abzureißen. Ein Teil der Idee bei der Standortentscheidung für die Polizeiinspektion war es gerade, die dort dem Land gehörenden Baudenkmäler zu erhalten und einer neuen sinnvollen Nutzung zuzuführen. Das galt auch für Haus 5, das ursprünglich für die Unterbringung der Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen war. Der besonders gesicherte Bereich bietet besonderen Bedürfnissen von Polizei oder Land beste Bedingungen. Gerade beim Umzug und Sanierung LKA werden wir dafür großen Bedarf für unsere Polizei haben.

Im Zuge der ansteigenden Baupreise verfiel man aus Gründen der statistischen Ersparnis darauf, dass kleine Gebäude nicht zu sanieren sondern abzureißen. Die Ersparnis ist eher theoretisch, da der Verlust der Bausubstanz nicht berücksichtigt wird. Dass die mit eigenen Gebäuden unterversorgte Landesverwaltung in der Landeshauptstadt eigene Verwaltungsgebäude nicht saniert sondern abreißt, ist finanzpolitisch unsinnig. Bei einem Baudenkmal ist es aber auch geradezu unverantwortlich.

Wie ernst nimmt die Landesregierung den Denkmalschutz?

Man kann nicht in Sonntagsreden die kulturelle Bedeutung des Denkmalschutzes gerade gegenüber privaten Eigentümern betonen, wenn das Land selbst Eigentümer ist, davon aber nichts mehr wissen wollen. Das bauliche Erbe auch für die nächsten Generationen zu erhalten, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe - gerade in Magdeburg, wo so viel verloren ging. Am Umgang mit Haus 5 wird man sehen, ob der Denkmalschutz in der neuen Landesregierung noch irgendeinen Stellenwert hat oder bloßes Lippenbekenntnis ist.“

(Aktualisierte Fassung: 06.08.21)

 

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